Eine Reise durch COSY


Die Familie Wasserstoff will heute die 'große Teilchenschleuder' besuchen. Zusammen mit Trillionen anderer Vertreter derselben Gattung werden sie busseweise zum Vergnügungspark 'COSY-Jülich' gebracht. Und dort geht es gleich ins erste Karussell, das 'Zyklotron'. Ein rundes Gerät, bei dem die Wasserstoffs immer schneller im Kreis gedreht werden, bis sie durch das Tor am Rand hinausfliegen.

Sie rutschen eine Bahn entlang, die sie direkt zur nächsten Attraktion, zum 'Synchroton' bringt. Aber gleich am Eingang ist die Überraschung groß: die kleinen Elektronen dürfen nicht mit hinein. Ein großes Gitter versperrt den Weg, die Wasserstoffs passen nur einzeln durch, und so verlieren sie sich aus den Augen.

Im Synchroton, einem Rohr mit ovalem Umfang bewegen sich die Wasserstoffs nun als einzelne Protonen erst einmal weiter. Damit sich der Spaß richtig lohnt, wird solange gewartet, bis das Synchroton voll genug ist. Dabei herrscht ein ziemliches Chaos, man läuft mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, kreuz und quer.

Dem Betreiber gefällt dieses Durcheinander überhaupt nicht. Aus Sicherheitsgründen sollten alle schön geordnet an der 'großen Rutsche' ankommen. Also werden an einer bestimmten Stelle ganze Schulklassen von Elektronen in das Oval eingeschleust, die in Reih' und Glied wandern. So bleibt unseren Protonen garnichts anderes übrig, als sich anzupassen. Wenn die Schulklassen nach ein paar Metern wieder hinausgeschleust werden, bleiben Protonen zurück, die sich ein bißchen geordneter bewegen. Und da die Protonen 5 Millionen mal an dieser Stelle vorbeikommen, werden sie immer cooler und marschieren am Ende auch in Reih' und Glied, und haben überhaupt keine Lust mehr, außerhalb der Reihe zu tanzen.

Und dann geht's los! In einem geraden Stück des Ovals wird eine Rutsche eingebaut, wodurch die Protonen bei jedem Umlauf ein wenig schneller werden. Am Ende (das heißt: nach 2 Sekunden oder 2 Millionen Umläufen) haben sie eine Geschwindigkeit, mit der sie in einer Sekunde die ganze Erde sechsmal umrunden könnten.

Doch im Geschwindigkeitrausch meinen die Protonen, sie bräuchten nicht in der Bahn zu bleiben. Um dem entgegenzuwirken, gibt es zwei Wächter an den gegenüberliegenden Seiten des Ovals. Einer achtet auf Abweichler und gibt die Infromationen an den anderen weiter, der die Ausreißer dann zurechtweist und damit wieder in die richtige Richtung bringt.

Was unsere Protonen aber nicht gewußt hatten, als sie (damals noch als Wasserstoffs) diese Reise gebucht hatten: sie sind nicht nur zum Vergnügen hier. Es gibt da übergeordnete Wesen ('Physiker'), deren Ziel es ist, herauszubekommen, was denn so passiert, wenn man Protonen und Verwandte zusammenstoßen läßt. Dazu werden an einer Stelle des Ovals Reisegruppen anderer Wasserstoffs z.B. des Veranstalters 'Oelert-Reisen - COSY-11' quer zur allgemeinen Reiserichtung unserer Protonen durchgeschleust. Die Wahrscheinlichkeit, einen Zusammenstoß zu erleiden ist fuer ein einzelnes Proton sehr klein, etwa so wie beim Kegeln, wenn die Kegel nicht auf einem Quadratmeter sondern auf der Fläche des Bodensees verteilt sind. Damit aber dennoch genügend Zusammenstöße beobachtet werden können, sind die Reisegruppen aus Protonen und Co. mit vielen Trillionen Mitgliedern recht groß. Nach einer solchen überaschenden Kollision fliegen die Beteiligten aus der Bahn, und manchmal entsteht sogar ein neues Teilchen. Auf diese Glücklichen wartet ein spezielles, aber doch recht kurzes Vergnügen: der Flug durch die Detektoren des COSY-11-Experimentes.

© Georg Schepers


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Aktualisiert: 23-Dezember-1997 durch T.Sefzick